Ich ersuche die geschätzte Luftfahrt um die Vermeidung von unnötigen
Durchsagen in Flugzeugen und begründe dies wie folgt:
Immer ruft der Pilot kurz vor der Landung fast schon panisch: Cabin crew
prepare for landing!!! In der jeweiligen Landessprache der Airline, in Airlines
aus Österreich, Deutschland und der Schweiz auf Englisch. Alle im Publikum
wissen nun, dass es gleich eine Landung gibt. Trotzdem ergreift kurz darauf der
Steward das Wort und fordert zu allerlei Handlungen und zur Vermeidung anderer
auf, nachdem er wiederholt hat, dass in Kürze gelandet wird. Ein ´Achtung
Landung und eh schon wissen´ des Piloten hätte vollkommen gereicht. Der Steward
soll sich in Ruhe hinsetzen und anschnallen können.
Während des Flugs meint der Kapitän, die Außentemperatur, Flughöhe und
die Temperatur am Ankunftsort mitteilen zu müssen, Stunden vor Zielerreichung.
Die Temperatur ändert sich bis zur Landung, wie sie sich zwischen Tag und Nacht
nunmal ändert, die Außentemperatur ist zwar aktuell, ändert sich aber
ebenfalls, zum Glück, mit der Flughöhe, die natürlich überlebensnotwendig zu
wissen ist, wenn man einen Überschallflug aus der Stratosphäre samt Eintrag ins
Guinness Buch der Rekorde plant. Diese Durchsage des Kapitäns kann man
vergessen, wie man seinen Namen vergisst und den des vom Kapitän vorgestellten
Copiloten ebenso. Auch ist es dem Mitreisenden ziemlich egal, ob das Flugzeug
gerade vom Kapitän oder vom Copiloten oder vom Autopiloten (das wird aber nie
durchgesagt) gesteuert wird. Sowieso hat man ihn akustisch nicht verstanden und
noch nie glaub ich hat ihm jemand von seinem Urlaubsort eine Ansichtskarte
geschickt.
Auch der Purser stellt sich mit seinem Namen vor und sagt dazu, dass er
der Purser ist. Was bedeutet Purser? Soll ich es lernen, brauch ich es im Leben
außerhalb des Flugzeugs? Und welcher ist der dazu passende Körper zur
Durchsagestimme? Selbst in ganz kleinen Flugzeugen verstecken sich die Ansager
immer hinter einer Wand, oft der einzig vorhandenen, während sie in den
Telefonhörer säuseln, dessen oberes Ende dabei nicht am Ohr anliegt, sondern
waagrecht wegsteht, wie das angelegte Ohr einer Giraffe, so dass es ein paar
Zentimeter von der Wand hervorlugt, so dass man erahnen kann, dass die Durchsage
gerade in diesem Dings ihren Ursprung nimmt und die Person, die das Telefon
bedient mit großer Wahrscheinlichkeit der Purser ist.
Ein Mitglied der Fluggesellschaft begrüßt sämtliche Gäste beim Entern
der Kabine persönlich, egal welche Pforte man nimmt. Das finde ich sehr
freundlich. Aber warum werde ich dann nochmal über Lautsprecher willkommen
geheißen? In mehreren Sprachen? Machen das die Airlineleute zu Hause auch so?
Einmal an der Wohnungstür und das zweite Mal mit Verstärker und mehrsprachig im
Wohnzimmer?
Einige Zeit nach dem Start teilt ein Crewmitglied über die viel zu
Lautsprecheranlage mit, dass demnächst eine ´warme Mahlzeit´ oder ein Snack
verteilt wird. Dann vergeht je nach Lage des Sessels im Flugzeug
unterschiedlich viel Zeit und es kommt eine warme Mahlzeit oder ein Snack
serviert. Man erinnert sich nun gerne an die schöne dazugehörige Durchsage und
weiß jetzt einige Sekunden vorher, ob es eine warme Mahlzeit oder ein Snack
sein wird. Ist es ein Snack, raschelt es aus der Entfernung, ist es eine warme
Mahlzeit scheppert es eher und man vernimmt schon aus der Entfernung wiederholt
die Worte ´chicken or beef?´. Man weiß es aber auch, wenn man bei der Ansage
aufgepasst hat.
Oft kommt hinterher das Getränkebuffet vorgefahren, manchmal ist man da
mit der Hauptspeise längst fertig, manchmal bemüht man sich noch, den
Aluminiumdeckel ohne gröbere Verunreinigungen des nahen Umfeldes zu lösen,
während man sich die Finger verbrennt. Da kommt ein mit Eiswürfeln gefüllter
Plastikbecher gerade recht und trägt dazu bei, einen Unfall mit eventueller
Notlandung zu vermeiden.
Danach heißt es warten im Abfall. Bis die Müllabfuhr vorbeieilt hat man
das Nachspeisenschüsserl etwa achtmal ausgeschleckt und das Leergebinde hernach
auf vier verschiedene Arten geschlichtet. Es hilft aber nichts, der Platz
zwischen Passagierbauch und Rückenlehne bleibt zugemüllt, man ist zur
Bewegungsunfähigkeit verdammt.
Würde man jetzt klingeln und um eine vorzeitige Abräumung ersuchen,
würde das System Flugzeug im Chaos versinken, es wird daher auf einen späteren
Zeitpunkt vertröstet, der wegen der Klingelunterbrechung noch später sein wird.
Die nächste Durchsage erfolgt dann wieder pünktlich.
Mir scheint, dass Durchsagen im Flugzeug so eindeutig festgelegt sind,
wie ein Shinkansen von Tokyo nach Kyoto fährt. Auf die Sekunde genau.
Jeder Ansage ist ein Gong vorgesetzt, der systemisch vorgesehen ist, und
der die Aufmerksamkeit auf die erfreuliche Nachricht steigern soll. Eine
Durchsage ohne Gong gilt nicht als Durchsage.
Es kommt allerdings vor, dass der Purser während der Durchsage
unterbrochen wird. Die Ursache dafür kann eine Durchsage des ranghöheren
Kapitäns sein. Oder ein plötzliches Absacken des Flugzeuges oder ein
Purserkollege fällt ihm ins Wort. Ist die Ursache eine Turbulenz, dann beginnt
der Purser wieder mit einem neuerlichen Gong und sagt durch, dass es
Turbulenzen gibt und er deshalb empfiehlt sich anzuschnallen, wobei mit
100%iger Sicherheit nicht ein einziger Passagier nicht angeschnallt ist, weil
der selbe Purser ja in der früheren Ansage befohlen hat, dass man während des
gesamten Fluges angeschnallt zu bleiben habe, vorausgesetzt man sitze auf einem
Sessel. Fällt ihm ein Purserkollege ins Wort, beginnt er die
Wiederholungsansage mit einem kleinen Kichern. War es der Kapitän, dann
verzichtet er auf seine Ansage, oder hat vergessen was er sagen wollte, oder er
ändert seine Meinung und seine Ansage oder er wiederholt die Ansage des
Kapitäns mit anderen Worten und noch einmal in einer anderen Sprache oder in
zwei, oder er sagt der Einfachheit halber, man sollte sich die Ansage seines
Kapitäns sehr zu Herzen nehmen. Oder es war eine verklausulierte
Kaffeebestellung aus dem Cockpit, dann erfolgt die Wiederholungsansage erst zu
einem späteren Zeitpunkt oder gar nicht mehr. Man kann dies dann nur noch
schwer rekonstruieren.
Ansage des Kapitäns vor dem Start: „Wir brauchen noch fünf bis sieben
Minuten, um die restlichen Koffer zu verstauen. Dann werden wir
zurückgeschoben. Wir starten dann von der Runway zwei sieben towards the west.
Ich wünsche eine gute Nacht mit uns.“
Kurz darauf die des Pursers: „... Elektrische Geräte bitte ausschalten.
Wir zeigen Ihnen jetzt einen Film, mit dem wir Sie über die
Sicherheitsvorschriften vertraut machen. Wir sind zwei Purser an Bord. Meine Kollegin
heißt ...“ Jetzt folgt eine Sprechpause, denn er kann den Namen vom Zettel
offensichtlich nicht lesen. Dann folgt der Name. Dann: „Dieses Flugzeug hat
sechs Ausgänge, die mit dem Wort ´Ausgang´ gekennzeichnet sind.“
Im darauf folgenden in drei Sprachen angekündigten Film, der alles
unterbricht, erfährt man nun in sechs Sprachen, wie es sich mit dem Verstauen
von mitgebrachten Gepäcksstücken verhält, wie man den Gurt anlegt (was man vom
Autofahren her gut kennt) und sogar wie man sich wieder losschnallt. Dass es
Rutschen gibt und dass wenn der Druck abfällt, Sauerstoffmasken von der Decke
fallen (die aber vorerst unsichtbar sind) und sogar, dass man sich zuerst und
erst dann einem Kind helfen soll, die Sauerstoffmaske aufzusetzen. Dass die
Schwimmweste unter dem Sitz steckt (schon einmal gebraucht?) und dass Rauchen
auch auf den Häuseln nicht erlaubt ist, weil es sich um einen so genannten
Nichtraucherflug handelt. Auch dass man sein ferngesteuertes Rennauto unter gar
keinen Umständen verwenden darf. Weiters dass das Mobiltelefon auszuschalten
ist und alles übrigens auch in der Sicherheitsbroschüre steht, auf der steht,
dass man sie keinesfalls mit nach Hause nehmen darf. Sicher haben sich schon
viele interessierte Leser dieses Machwerks überlegt, es sich zu Hause aufs Klo
zu legen, um dort ganz sicher vor allen Unbillen gefeit zu sein. Und sollte man
nun noch Fragen haben, könne man sich gerne an einen Flugbegleiter wenden.
Weiters erhält man die Mitteilung, dass man aus dem tollen
Unterhaltungsprogramm frei wählen könne, was aber schon jeder täte, würde man
ihn lassen und nicht durch Ansagen unterbrochen. Ansagen setzen wie gesagt das
System außer Betrieb. Details im Bordmagazin.
Internet geht zwar, aber skypen sei verboten, weil Telefonieren stört
das „Ruhebedürfnis Ihrer Mitreisenden, nochmal wünschen wir einen angenehmen
Aufenthalt an Bord.“
Dann die Durchsage, dass man nach dem Essen die Möglichkeit habe,
zollfrei einzukaufen. Glaubt heute noch jemand, dass ´duty free´ billiger als
mit Steuer bedeutet?
Dann wird ein Duty free Magazin verteilt, das sich aber ebenfalls in der
Rückenlehne befindet. Jetzt wird jeder, wirklich jeder einzelne gefragt, was er
nun kaufen möchte. Niemand will etwas kaufen. Alle haben alles und lehnen
dankend ab.
Dann erfolgt endlich der Start und man darf sich nun ein wenig dem frei
wählbaren Unterhaltungsprogramm widmen.
Dann noch schnell eine Ansage, dass während des Starts das Licht
ausgeschaltet wird. Zack, es geht auch schon aus. Und sofort dreht jeder sein
kleines Sitztaschenlampenlichterl auf und tut so, als ob nichts wäre. Wozu
also?
Schaut man nun aus dem Fenster, kann man feststellen, das ´Startbahn
zwei sieben´ die mit der Nummer 27 ist. Warum sagt der Kapitän nicht 27?
Jetzt wieder der Kapitän: „Meine Damen und Herren. Aus dem Cockpit. Wie
Sie sehen wir haben die fasten&seatbelt-Zeichen angemacht, bitte schnallen
Sie sich an. Danke.“ Es wackelt schon seit zehn Minuten, nach der Ansage ist
das Wackeln plötzlich vorbei. Der Purser wiederholt trotzdem auch in anderen Sprachen,
eine gefühlte Ewigkeit lang, dass man sich bitte anschnallen möge. In
hektischer Stimme. Vermutlich wackelts bei ihm immer noch.
Dann folgt eine Phase relativer Ruhe.
Wird am fast anderen Ende des Fluges ein Frühstück serviert, dann
erfolgt ziemlich genau 90 Minuten vor der Landung der allgemeine Weckruf durch
die knarrenden Lautsprecher und es wird wie im Schlafsaal im Internat um fünf
das Licht aufgedreht. Alle reiben sich die Augen, gähnen etwas nach und warten
voller Freude auf das nun bald kommende Frühstück, wobei es dabei ziemlich
streng nach Eierspeis riecht, obwohl sich noch alle im Schlafsaal befinden.
30 Minuten vor der Landung: „Damen und Herren. Der erste Officer aus dem
Cockpit. Wir werden bald mit dem Sinkflug beginnen. Der Tag verspricht recht
schön zu werden. Aktuell hat es 20 Grad bei leichter Bewölkung. Ich wünsche
Ihnen einen erfolgreichen Tag“.
28 Minuten vor der Landung: „Meine Damen und Herren, wir müssen Sie nun
bitten, Ihre mitgebrachten (welche sonst?) elektronischen Geräte (ah ja, nicht
das Bordsystem) bis zur Landung (danke, dass ich sie zu Hause wieder verwenden
darf) auszuschalten.“ In siebzig verschiedenen Sprachen sagt der Purser das
durch. Ich hab zwar kein elektronisches Gerät benutzt, sondern bis zu dieser
Ansage geschlafen.
20 Minuten vor der Landung: „Meine Damen und Herren, stellen Sie jetzt
Ihre Sitze gerade und schieben Sie die Rollos nach oben.“ Wieder achtzig Mal.
Es befinden sich also auch die Passagiere im Landeanflug und müssen das Procedure entsprechend der von der
Weltluftfahrtbehörde vorgegeben Checklist einhalten. Aha.
14 Minuten vor der Landung: „Wir beenden nun auch unser
Unterhaltungsprogramm und beginnen mit dem Einsammeln der Kopfhörer. Wickeln
Sie die Kabeln bitte nicht auf, Sie erleichtern uns dadurch die Arbeit. Danke
schön.“
Glauben die Leute von der Airline tatsächlich noch, dass Fliegen ein
Vergnügen sei? Nicht einmal in der Business Class ist es das, es ist dort nur
weniger qualvoll. Für das Personal ist es Arbeit, die Passagiere fliegen weil
sie zur Arbeit müssen oder weil es um sich mit der Welt bekannt machen zu
können nicht anders geht. Der einzige, der heute beim Fliegen in einem
Linienflugzeug noch Spaß hat, ist der Autopilot.
Fünf Minuten vor der Landung jetzt hektisch der Kapitän: „Cabin
attendants, prepare for landing!!!“ Nur in dieser Sprache, nur einmal, dafür
aber im Stakkato. Diese Ansage ist also nicht für das Publikum bestimmt, denn
das ist ja schon auf die Landung antrainiert, dessen Checklist ist bereits
abgearbeitet, es sitzen schon alle gerade wie bei der Erbtante beim Essen.
Was aber, wenn jetzt ein Passagier den Purser zu sich klingelte und ihn
fragte, was der Pilot gerade wichtiges gesagt hätte, und ob es denn für die
Einhaltung des Landeprocedures von immenser Bedeutung für ihn wäre?
Nur eine Sekunde nachdem das Flugzeug auf der Landepiste aufgesetzt hat
kommt der unvermeidliche Gong mit dem „Meine Damen und Herren, bitte bleiben
Sie so lange angeschnallt sitzen, bis das Anschnallzeichen erloschen ist.
Vielen Dank dass Sie unsere Fluggesellschaft gewählt haben bla bla bla.“
Hundertachtundzwanzig Mal.
Dann steht das Flugzeug endlich, alle stehen lässig auf, packen still
ihre Sachen zusammen und drängeln sich zum Ausgang. Da kommt dann noch die
letzte Durchsage des Pursers: „Meine Damen und Herren, die deutschen Behörden
führen heute eine zusätzliche Kontrolle durch, bitte halten Sie Ihre Pässe
bereit.“ Nur zwei Mal. Alle bleiben stehen und warten – vergeblich – auf die
tausend Wiederholungen.
Dann steigen alle in Busse um.