Donnerstag, 14. Mai 2020

(49) Reisefieber vom Coronavirus

Wann werde ich endlich wieder reisen können? Egal wohin, nur fort, bevor ich vom Reisefieber vollends ins Delirium verfalle. Man soll sich ja, wie es André Heller einmal charmant ausgedrückt hat, in der kurzen Zeitspanne, die man auf der Erde verbringt, möglichst gut mit ihr bekannt machen.
Irgendwo hin möchte ich, aber rasch, zur Entstressung, damit mir Corona egal wird, zur Bildung, weil ich nie fertiggelernt sein werde, wegen der für´s Gemüt notwendigen Sonnenenergie, zwecks Entwöhnung vom Gewohnten, zur Irritation meines Alltags, um meine Sinne zu verwöhnen und zur Linderung meines bereits innerlich grassierenden Reisefiebers.
Fort, um zu schauen, was dort ist. Sowieso ist immer Erstaunliches dabei, mitunter Faszinierendes, Schönes, Kurioses, Anderes und Inspirierendes. Meine Zeitspanne auf Erden wird gerade vom Coronavirus sinnlos verkürzt.
Ok, ich gönne der Erde die Auszeit, bin ich doch in Sachen Öko-Fußabdruck einer von der ganz schlimmen Sorte. Spinn ich jetzt? War mir das nicht immer egal?
Aber wie lange denn noch? Zu gerne würde ich mich auf der Stelle direkt und umweltfreundlich ins Locavore in Bali beamen lassen. Zur Not auch nach Blue Bay Mauritius oder von mir aus nach Nelson Neuseeland. Oder ins Kaokoland. Nur ich alleine bitte, die anderen müssen eh nicht reisen können dürfen, sind eh alles nur Touristen (Touristen sind immer die anderen). Aber Beamen ist ja auch noch nicht erfunden.
Es besteht die dringende Gefahr, dass ich mich in meinem einsamen Homeoffice zur ´Generation Daumen´ zurückentwickle, zu einem Smartphone-Zombie, einem Smombie, mit einem vom Email, WhatsApp und Insta-Facebook dominierten Kommunikationsleben, bei dem ich meine Plauderkunst verliere, obwohl ich doch zu denen gehöre, die noch wissen, was ein Vierteltelefon ist. Mein Interaktionsmotor muss zum Service ins Ausland.
Der Horizont kommt mir gerade mit Lichtgeschwindigkeit gefährlich nahe, lauert schon am Gartenzaun und grinst blöd. Und mit dem Horizont zieht sich mein Denkvermögen auf die Größe eines Aplysia-Gehirns zusammen. Ist es das, was das Coronavirus von mir will? Dieses Hendl?
Ich will wieder fort. Ich muss. Ich hab Reisefieber vom Coronavirus. Während der Vogelgrippe wurden die Hühner weggesperrt, jetzt sind es die Menschen, die Corona der Schöpfung. Späte Rache also.
Wann dürfen wir wieder nach Bhutan, nach Capri und nach Reykjavik? Schwören tät ich ja, dass bald, aber wetten trau i mi net. Die Revolution ist tot. Es lebe das Huhn.


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