Mittwoch, 15. August 2012

(39) Sackzwicken im Konzert


Was ein Kulturmensch ist, geht ins Konzert. Aber ich fühle mich dort unsicher, weil ich manchmal nicht weiß, wann ich zu klatschen habe. Ich verlasse mich auf die anderen und die Claqueure.

Auch kenn ich mich mit den Stücken nicht aus, selbst wenn ich im Programmheft mitlese, weiß ich nicht, welches gerade gegeben wird. Und bin ich schon sehr in Trance oder gar eingeschlafen, schon werde ich wieder wach-geklatscht, die Erholungsphasen dauern nur wenige Minuten.

Insgesamt dauert so ein Konzert oft lang, man muss still sitzen, da frag ich mich, ob´s auch niemandem beginnt, am Sack zu zwicken.

Während ich diese Zeilen in der ersten Reihe sitzend – um mich abzulenken – aufnotiere, schaut mich der Virtuose immer öfter an und prüft, wie heftig und lange ich klatsche. Vermutlich glaubt er, ich sei ein wichtiger Zeitungskritiker. Dabei mache ich mir lediglich Gedanken über die wesentlichen Einflussfaktoren auf das Sackzwicken.

Es ist wichtig, sich vor dem Konzert diesbezüglich Gedanken zu machen. Denn während des Konzerts aufzustehen, die Oberhose runter zu lassen, die Unterhose zurecht zu rücken, den Sack gar manuell zu verlegen, die Oberhose wieder hinauf zu ziehen, sich wieder zu setzen, kommt nicht gut und steht im krassen Widerspruch zu den allgemeinen Gepflogenheiten im Konzert.

Der Sack ist von Natur aus sehr flexibel, man muss ihm nur die passende Untergatt überstülpen. Die Auswahl der Untergatt ist für den Genuss eines Konzertes wichtiger, als würde man zu einem Mädchen gehen. Eine Liebestöteruntergatt ist beim Mädchen deppert, im Konzert egal. Hauptsache sie passt und zwickt nicht. Nur dumm, wenn man mit dem Mädchen samt Absichten ins Konzert geht. Hierzu empfiehlt sich die gemeine Kompromissgatti, weil ein Gattenwechsel zwischen Konzert und danach sich in der Praxis als undurchführbar erwiesen hat.

Bei Socken sagt man, dass Blasenbildung an den Fersen verhindert werden kann, wenn man diese einige Tage anbehält. Ob das ein probates Mittel gegen das Sackzwicken ist, weiß ich nicht. Wissenschaftlich ist es jedenfalls noch unerforscht.

Der Forschung kommt man schon recht nahe, analysiert man die Einflussfaktoren genauer. Da ist zuerst einmal die Beschaffenheit der Unterhose selber, sein Material, die Elastizität, die Passgenauigkeit, wie lange sie schon getragen wurde, usw. Dann die Hose darüber, wobei die selben Kriterien wie für die Unterhose gelten. Die Luftfeuchtigkeit und Temperatur im Konzertsaal; das individuelle Schwitzverhalten des Körpers; die Dauer der Veranstaltung und deren  Unterbrechung mit Pausen, die Anzahl und Länge der Pausen; die Beschaffenheit der Sitzgelegenheit, ob aus gefährlichem Plastik oder Kunstleder oder aus weichem, sich dem Hintern anpassenden Materials. Auch das gegebene Stück hat Einfluss, ist es schön, lenkt es ab, ist es langweilig und rutscht man am Sessel herum, dann ist der Einfluss weniger gut.

Was ein Kulturmensch ist, der muss leiden.




1 Kommentar:

  1. Mich würde interessieren um welches Stück es sich gehandelt hat um zu so einer Abhandlung zu kommen. Muß spannend gewesen sein ;-)

    AntwortenLöschen